Achern. Olympia 1924 in Paris: Johnny „Tarzan“ Weissmüller gewinnt für die USA drei Goldmedaillen im Schwimmen. Der finnische „Wunderläufer“ Paavo Nurmi spurtet gar zu fünf Goldmedaillen. Gertrude Ederle, Tochter deutscher Auswanderer aus dem Schwäbischen, ist als eine der ersten Frauen bei Olympischen Spielen dabei und gewinnt in ihrem für damals sehr freizügigen Badeanzug mit dem US-Team die Goldmedaille in der Viermal-100-Meter-Freistilstaffel.

Während sich diese Helden des Sports einen ewigen Platz auf dem Olymp sicherten, ist der Name von Adolph Henry Zink mit Wurzeln in Achern unbekannt. Doch er gehörte zum US-Team im Kunstturnen, wurde dazu bei einer Sichtung am 27. Mai 1924 im Madison Square Garden nominiert und durfte mit nach Paris reisen. Dort erlebte er in den „Goldenen 1920er Jahren“ die ersten Olympischen Sommerspiele moderner Prägung. Mehr als 1.000 Journalisten sorgten für weltweite Aufmerksamkeit. Mit 3.000 Athleten aus 44 Ländern gab es ein imposantes Starterfeld. Welche Geräte Zink turnte, ist nicht bekannt. Eine Goldmedaille erturnte sich aber Teamkollege Frank Kriz im Pferdsprung.

Wie Gertrude Ederle, war auch Adolph Henry Zink ein Sohn von Auswanderern, die sich im 19. Jahrhundert auf den Weg in die Neue Welt machten und in New York ihr Glück versuchten. Vielleicht kannte Zink die Schwimmerin und engagierte Kämpferin für die Gleichberechtigung von Frauen im Sport, die am 6. August 1926 als erste Frau den Ärmelkanal zwischen Cap Gris-Nez und Dover durchschwamm und mit 14 Stunden und 32 Minuten über zwei Stunden schneller als der männliche Weltrekordhalter war.

Für diese sensationelle Leistung wurde sie zur Ehrenbürgerin von New York ernannt. Wer weiß, vielleicht fand die Party nach der Konfettiparade in jenem legendären „The New York Turn Verein“ an der Ecke Lexington Avenue und 85th Street statt, in dem Deutsch gesprochen, Sport getrieben und kräftig politisiert wurde. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 flüchtete viele der enttäuschten Kämpfer nach Amerika, gründeten im Sinne von Turnvater Jahn „frisch, fromm, fröhlich frei“ Vereine und kämpften als „Forty-Eighters“ (1848er) auf der Seite der Nordstaaten für Freiheit und Demokratie und gegen die Sklaverei in den Südstaaten. Auf die Spur des Olympiaturners kam der begeisterte Hobby-Ahnenforscher Paul Meyer aus Großweier, als nach seinen Vorfahren und Verwandten forschte und dabei auf Heinrich Meyer und Rosa Früh aus Achern stieß, die 1892 und 1894 nach New York auswanderten, sich dort kennenlernten und heirateten. In der Bronx erblickte Frederick Meyer das Licht der Welt, wuchs inmitten von Menschen aus aller Herren Länder auf und wurde als Turner so gut, dass er für die Olympischen Spiele 1932 nominiert wurde und mit der USA-Riege die Silber-Medaille gewann. Er startete auch 1936 in Berlin, belegte den zehnten Platz und wurde Trainer in New York. Der Ahnenforscher recherchierte weiter und stieß auf den Cousin von Frederick Meyer, eben jenen Adolph Henry Zink, der 1924 in das Olympiateam berufen wurde. 

Dass seine Eltern, der Schuhmacher Adolph Zink und seine Ehefrau Maria-Anna Birk aus Sasbach, den 1861 gegründeten Acherner Turnverein (TV) kannten, vielleicht sogar Mitglieder waren und ihren fünf nach Amerika ausgewanderten Kindern (darunter Georg Zink) das „Turn-Gen“ vererbten, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Denn aus Amerika trafen bei Uschi und Rudi Hamerski von der TV-Geschäftsstelle immer wieder Anfragen ein. In Achern und 2009 beim Deutschen Turnfest in Frankfurt kam es gar zu einer Begegnung mit einem Georg Zink, der sich als Sohn des Olympioniken und Enkel des Auswanderers Georg Zink vorstellte.

Das Bild wurde immer klarer: Paul Meyer hatte plötzlich zwei berühmte US-Turner in seiner Familie und die Belege erhärteten sich, dass es vom TV Achern eine direkte Sprungbahn zu dem berühmten Turnverein in New York gab. Nahezu alle bekannten Acherner Auswanderer schlugen die Richtung New York ein und finden als Bierbrauer, Handwerker und Soldaten eine wichtige Anlaufstelle in dem Turnverein, der 1850 von 36 deutschen Flüchtlingen in Stubenbord’s Restaurant in der 48. Beekman Street in Manhattan gegründet wurde. Der Verein war eine „kulturelles Refugium, in dem traditionelle Bräuche und Feste gepflegt wurden“, schreibt Jaap Harskamp im New York Almanack. Es wurde auch die Integration durch Englisch- und Staatsbürgerkursen gefördert. „Denn die Entwicklung eines Gefühls amerikanischer Identität stand ganz oben auf der Agenda.“